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Großmutters Hände

von meta79

Oma ist tot.
Sie liegt da, Opa neben ihr, in ihrem alten
verwaschenen Nachthemd mit den fehlenden
Knöpfen. Ich glaube mich zu erinnern dass
es einmal roas Blumen gehabt hat. Sind
wohl mittlerweile genauso rausgewaschen wie
die Farbe aus ihrem Gesicht.
Oma liegt da, ohne rosa Blumen. Ganz
farblos, fast schon wie das Bettlaken.
Wo ist sie geblieben?
Irgendwo.
Wahrscheinlich auf der Strecke.
Gewiß auf der Strecke.
Irgendwo zwischen lachen und weinen.
Vielleicht ein bißchen in der Veranda.
Und ein bißchen im Garten.
Viel in der Küche und
auf dem Acker.
Zwischen den großen und kleinen Steinen
und der trockenen Erde.
Unter dem Baum neben der Straße.
Dort aß sie ihr Brot, wenn die Erntemaschinen
einen Moment verschnauften.
Genau wie sie.
Das Kopftuch um die braunen Haare
geschlungen, Perlen auf der Stirn,
verbrannte Haut auf den Schultern und
das Wurstbrot in der Hand.

Oma liegt da - und ich bin traurig.
Ich bring dir Blumen.
Die rosanen die dir fehlen.
Ich geb sie dir wieder, bringe sie dir zurück.
Kommst du dann und holst mich ab?

Oma liegt da - und ich neben ihr.
Eingekuschelt in ihre Armbeuge, den
Kopf auf ihrem großen Busen, lächle
ich sie an und drücke mich noch fester
an sie.

Nehme ein letztes mal ihren Geruch
mit jedem Atemzug auf. Als könnte ich ihn
einfangen wie einen kostbaren Vogel.
Noch ein letztes mal ihre weißen Haare
anfassen. Ihr die störrische Strähne hinter
das Ohr streichen, dabei ihre Falten sehen
und wünschen sie einmal mehr geküsst
zu haben.
Noch einmal ihre Hand halten. Über die
Flecken streichen. In Betrachtung des
fehlenden Fingergliedes versinken und
an all das denken,
was aus ihren Händen entstand.
Spüre noch einmal die Ohrfeige die
sie mir gab als ich fünf war und
all die Streicheleinheiten.
Fahre ihr mit der Hand durchs Gesicht,
wische meine Tränen weg, eine gebe ich ihr
und meinen letzten Kuss.
Genau neben ihr Grübchen.

Drehe mich ein letztes mal um, versuche mich
an ihr Lachen zu erinnern, und
weiß das sie mich nie allein lassen wird.