Meine Göttin! (Teil 2)

von dobbyline


"Christina, steh auf!", schreit meine Mutter durch den Flur in mein Zimmer.<BR>
Schon zehn nach halb sieben, Zeit zum Aufstehen. <BR>
Ich rekele mich auf und strampele mir widerwillig die Decke weg. Ich würde
jetzt viel lieber die Wärme der Decke zurück haben, aber Schule ist auch ganz
okay.<BR>
Also ab ins Bad, ein bisschen Wasser da, ein bisschen Zähne putzen hier und
schon ist man wieder einigermaßen fit für den Tag. <BR>
Nachdem ich mich (ebenfalls widerwillig) angezogen habe, gehe, nein stapfe
ich zur Küche. Auf einmal entfährt meiner Mutter ein kleiner, aber dennoch
erschreckender Schrei... "Was hast du denn gemacht?"<BR>
"Wieso?", frage ich verdutzt, aber dann denke ich nur noch "Shit!" - ich war
gestern Abend meiner Mum aus dem Weg gegangen, damit sie nicht gleich Tumult
um mein Veilchen macht. Aber wie lange kann man schon ein fast faustgroßes
Veilchen verstecken? <BR>
"Fräulein, was hat das zu bedeuten? Hast du dich in der Schule geschlagen?" <BR>
Das einzige was ich rauskriege ist "Nein, Mum.", mehr schaffe ich nicht. <BR>
Was sollte ich ihr auch sagen? 'Oh, Mum, stimmt, ich hatte vergessen zu
erwähnen, dass ich von einem Typen eine gewischt gekriegt hab, weil ich lesbisch
bin und ein lesbisches Buch im Park gelesen habe....'<BR>
Völlig absurd. Ich habe mich noch bei niemanden geoutet. <BR>Außer bei meiner
besten Freundin Clara, aber die scheint dass wohl doch nicht so ganz zu
tolerieren, sonst würde sie mir nicht ständig raten, meine Haare wachsen zu lassen.<BR>
Andauernd fragt sie, warum ich nicht weiblicher sein will - was kann ich denn
dafür, wenn ich es abscheulich finde, mir `ne Tonne Make-up
raufzuschmieren!? LABELLO reicht vollkommen, oder? <BR>
Und bei meiner Mum... ich weiss nicht so genau, wie sie reagieren würde. Sie
hat mal was abfälliges über einen ihrer Cousins geredet, der schwul ist. Das
hat mich dann total eingeschüchtert. Aber das eine Mal! ...<BR> Da hätte ich es
fast gesagt, hat nur ein Stückchen Mut noch gefehlt, einfach ein bisschen
Schub. <BR>
Da waren wir bei einer Veranstaltung, in der alles Mögliche zur Sprache kam,
von Vergewaltigung bis zur Bildung an Grundschulen, von Diskriminierungen
bis zur Gewalt. Alles vorhanden - alles, auch etwas über Homos. Da habe ich sie
dann angehalten und um ihre Meinung gebeten. Gerade wollte sie zum Reden
ansetzen, meine Neugier hing quasi an ihren Lippen, aber NEIN, ihr dummer Lover
muss in dem Augenblick sie von hinten überraschen. Meine Eltern sind schon
lange auseinander, meinen Vater kenne ich gar nicht mehr so richtig. Er hat
sich schon lange verabschiedet. Aber ich würde ihn auf jedem Fall diesem Lover,
Rheiner sein Name, vorziehen. Er ist total intolerant, wie sich im nächsten
Augenblick auch herausstellte. Er guckte zum Stand, sagte nur missbilligend:<BR>
"Ach, nicht schon wieder, dieses Pack!". Meine Mum sah mich nur kurz unsicher
an, und widmete dann ihm ihre Aufmerksamkeit. Toll! Erst nicht Bescheid sagen
wenn er hier antanzen will und dann sich der Meinung entziehen!, dachte ich
nur. Sie weiss, dass er viele Schattenseiten hat, aber sie liebt ihn. Und ich
kriege täglich das Kotzen bei seinem Anblick! <BR>
Und nun stehe ich hier, bekomme kein Wort heraus und sie fragt bestimmt
schon zum dritten Mal, was denn passiert sei. <BR>
Los, sag es schon!, denke ich zuerst. Dann: Oh Gott, was ist wenn sie es
nicht versteht?<BR>
Beim nächsten Atemzug, nehme ich mir vor. Nur noch einmal tief Luft holen
und dann...