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Ein Traum

von nightingale_


"Geh nicht", sagtest du zu mir und in deinen Augen mischte sich eine Spur Verzweiflung. "Geh nicht."
Ich sah dich an, eine ganze Weile lang, einfach nur in deine wundervollen grünblauen Augen, die mir voller Verletzlichkeit entgegenblickten. Sie sind so schön, so wunderschön in ihrer Art der kindlichen Hoffnung, die ich anders nicht zu benennen weiß. Eine Spur deiner Lebensgeschichte, die in ihnen liegt, die tiefliegende Treue mit dem Hauch Bitterkeit, ein Chaos, umschlungen von der Sehnsucht nach einem festen Halt. Einem Halt, den ich dir bieten konnte und den ich nur zu bereit war, dir zu geben, den ich dir am liebsten ewig geben würde - solange du es nur zuließest. Das Eintrittsband des Mittelaltermarktes, den wir zuvor besucht hatten, hing noch an deinem Handgelenk, mit dem du dir erschöpft durch das Gesicht strichst.
Ich verfolgte deine Bewegungen eine Weile lang bevor ich eine Hand nach dir ausstreckte, dir behutsam durch die Haare strich und dann die deine in meine nahm. Einen Augenblick Stille, in der wir beide uns nur in die Augen sahen.
Die letzten Jahre hatten uns alt gemacht und nicht immer war unsere Beziehung so leicht verlaufen wie wir es uns gewünscht hätten. Es hatte Monate gebraucht, alte Wunden aufzuarbeiten und in gewissem Maße war diese Beziehung ständige Arbeit gewesen - ständige Arbeit, die zu etwas ganz Wundervollem gereift worden ist - und war mein Herz auch schwer zu erkämpfen, so war es deines umso mehr.
Trotzdem schüttelte ich den Kopf: "Ich habe diesen Traum schon einmal aufgegeben."
Und wir beide wussten, was das hieß. Ich würde gehen.

"Geh nicht", hat eine Bekannte mir gesagt. "Meine Cousine ist auch ein Jahr ins Ausland gegangen und sie ist nie wieder gekommen!"
Und sie hat mir von irgendeiner Bekanntschaft erzählt, die zur großen Liebe gereift worden war. Dass ihre Cousine dann plötzlich schwanger geworden und dort geblieben wäre. Ich lächelte, denn ich hatte sicher nicht vor, schwanger zu werden. Ich hatte nicht einmal vor, dort eine Liebesbeziehung einzugehen.
Und trotzdem stimmte es mich traurig, denn es war nicht einmal eine Freundin, die mich abhalten wollte.
Ich hatte hier inzwischen einen Status, einen Ruf, ich wurde akzeptiert und respektiert und sogar in eine relativ hohe Position gewählt - ein ganz anderes Verhältnis als das, das ich einige Jahre zuvor noch auf dem Gymnasium erfahren hatte.
Hier hatte ich alles, was man sich nur wünschen konnte - eine intakte Familie, gute Freunde, Menschen, die mich schätzten und mehr noch - respektierten, eine Beziehung, Zukunftsaussichten, eine gute Wohnatmosphäre, ...
Und dennoch wollte ich gehen. Alles hinschmeißen und frei sein.
"Geh nicht", hat diese Bekannte mir gesagt. "Du wirst nie wieder kommen."

"Geh mit ihr!", hat deine Schwester dir gesagt. "Geh mit ihr mit nach Neuseeland. Reist zusammen."
Aber du hast den Kopf geschüttelt und wir beide wussten, du würdest nicht mitkommen. Wir beide wussten, dass ich fliegen muss, aber dass dein Platz hier ist. Du hast den Kopf geschüttelt. "Ich will die Firma weiter aufbauen", hast du gesagt. "Ich will das weiter verfestigen. Und ich will hier nicht weg."

Und so stehen wir hier, einander gegenüber und wir wissen, dass sich unser Weg hier trennt.
"Geh nicht", flüsterst du noch einmal, doch nun bin es ich, die den Kopf schüttelt.
"Ich habe den Traum schon einmal aufgegeben", flüstere ich. "Das werde ich nicht noch einmal tun."
In deinen Augen glitzern die Tränen, doch ich sehe, wie du nickst.
Wir beide wissen, dass es meine Entscheidung ist.
Dass es meine Entscheidung ist zu gehen.
Und dass du nicht mitkommen kannst.
Weil meine Welt nicht deine ist.



copyright © by nightingale_. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





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